Nur selten wird ein Anwesen so von der Natur beherrscht wie dieses. Steile Felshänge, ein Fluss, der das Tal formt und ein riesiger Wald, der es umschließt. Inmitten dieser Natur Kulisse erhebt sich Schloss Freyr mit seinen zeitlosen Gärten.
Sein Erbe liegt in den Händen einer einzigen Familie. Seit Jacques de Beaufort das Schloss im Jahr 1410 erworben hat. Ein Garten, der von seinen Besitzern und der Geschichte oft verschönert und manchmal verschandelt wurde, dem aber vor allem der Lauf der Zeit seine Patina und seinen ganz eigenen Charme verliehen hat.
Zur Zeit der Französischen Revolution wird das Anwesen beinahe zerstört. Dass man es verschont, liegt an den seltenen Orangenbäume. Seither hat jede Eigentümer Generation sie geschützt.
Diese Orangenbäume waren Trophäen und eine Investition. Da man in Boden und Landwirtschaft investierte, erwarb man Orangenbäume, zog sie groß und mit der Zeit stiegen sie im Wert. Sie waren wie Aktien von unschätzbarem Wert.
Im 18. Jahrhundert wecken die seltsam geformten Früchte die Neugier des Adels. Zitrus Corny Kolkata ist eine bitter orange mit kleinen Hörnern, daher der Name. Ihre Form stammt ursprünglich aus Asien. Die Größe der Früchte und die Blätter sind nicht mehr optimal, sondern wie ältere Leute, die sich langsamer bewegen. Sie fallen weniger auf. Normalerweise bilden sie richtige Hörner. Damals sah man darin eine sexuelle Anspielung, deshalb sammelte man diese Pflanzen.
Für Historiker und Landschaftsgärtner ist ein Garten wie dieser ein lebendes Denkmal, dessen Form sich ständig ändert. Nathalie de Harley ist Gartenhistorikerin und Autorin einer Studie über Freÿr.
Dieser Garten wirkt wie ein harmonisches Ganzes. Vor allem im 18. Jahrhundert setzten sich zwei Brüder dafür ein, den Garten komplett umzugestalten. Das Anwesen war seit Anfang des 17. Jahrhunderts im Besitz der Familie Beaufort-Spontin, die aus Böhmen stammte.
Sie waren sesshaft und bewohnten es schon seit einem Jahrhundert. Guillaume de Beaufort-Spontin, der ältere Bruder ließ einen Teil des Gartens umbauen. Vor allem aber übertrug er seinen ältesten Recht auf Philippe Alexandre, der vermutlich einen Großteil des vollständigen Umbaus veranlasste.
Die ersten Dokumente, die uns einen Eindruck vom historischen Aussehen des Gartens geben, sind die Darstellungen von Künstlern. Es gibt einen Stich aus dem frühen 18. Jahrhundert. Er zeigt einen Garten im Süden, den es heute praktisch nicht mehr gibt. Übrig geblieben sind nur die hintere Mauer und das Becken.
Die Gärten von Freyr sind um zwei Achsen herum angelegt. Die Nord-Süd-Achse geht vom Schloss aus und verläuft parallel zur Maas. Sie umfasst ein Parterre mit vier Becken und versetzt angeordneten Linden Bäumen. Sie endet an zwei rechteckigen Becken und den Pavillons des Orangen Gartens. Dies ist der erste Bauabschnitt des Gartens.
Des Weiteren folgen die Gehölze Bereiche, die den oberen abschüssigen Teil bilden und acht Lauben Gang Labyrinthe umfassen. Eine weitere Achse verläuft von einem Pavillon bis zu einem ovalen Becken, dann zum runden Becken, dem letzten Element vor dem Fluss und den Felsen.
Die Herzöge von Beaufort haben diese Sichtachse angelegt, die heute die Optik dominiert und die Maas optisch mit einem monumentalen Pavillon verbindet. Das ist der sogenannte Frederick Saal zu Ehren des Erben Frederick Alexandre, Herzog von Beaufort-Spontin, der 1782 den Titel des Herzogs erhält. Dieser Pavillon schließt in gewisser Weise die Sichtachsen des Gartens ab und festigt im Grunde das Ansehen, die Berühmtheit und den hohen sozialen Status, den die Familie Beaufort-Spontin Ende des 18. Jahrhunderts erreicht.
Ein Element stört heute die Sichtachsen und die Wirkung des Gartens. Dieser Wald gegenüber ist zum Garten hin zu dicht geworden.
Wenn man sich etwas ältere Dokumente ansieht, erkennt man im Hintergrund des Fredericks Saals einen Obstgarten, also einen offenen Bereich. Diese angelegten Plantagen sind heute völlig verschwunden. Nach und nach wurde der Hügel von natürlich angesiedelten Pflanzen überwuchert, die die Landschaft komplett zuwachsen ließen. Dadurch ändern sich die Größenverhältnisse. Vom Garten aus kommt einem der Pavillon daher recht gewaltig vor.
Heutzutage erscheint uns diese Landschaft ganz natürlich. Solche pittoresken Ausblicke hatte man auch schon im 19. Jahrhundert sehr geschätzt. Und jetzt muss man sich einmal vorstellen, dass der Herzog bereits Ende des 18. Jahrhunderts ein solches Panorama genießen wollte und deshalb einen Zickzack Pfad anlegen ließ, der den Bergrücken hinaufführte, um zu diesem Aussichtspunkt zu gelangen, so konnte er sein Anwesen betrachten, die Komposition aus Architektur und Landschaft. Ist ein herrlicher Weg, der es ermöglicht, von einem besonderen Blickfeld aus auf ein schönes Panorama zu schauen, auf eine landschaftliche Einheit, die Elemente aus der rauen Natur mit denen verbindet, die von Menschenhand geschaffen sind, wie es bei diesen Gärten der Fall ist.
Die Rasenflächen ringsum wurden eine Zeit lang als Blumenbeete bepflanzt. Die Linden wurden ursprünglich in Quinkung Form gepflanzt. Dabei sind 5 Bäume so angeordnet wie die fünf Augen eines Würfels.
Ende des 18. Jahrhunderts strebte man einen klassischen Stil an. Deshalb wurden diese Linden gepflanzt. Sie bilden eine Achse, die sich nach hinten verjüngt. Das verleiht dem Garten Tiefe. Und weil man unter dem Blatt Grün hindurchsieht, hat es zugleich einen Wald ähnlichen Effekt.
Es diente dazu eine Sichtachse zu betonen, es erinnert an einen Kreuzgang. Man darf nicht vergessen, dass 1760 vom ältesten Sohn der Familie, Dompropst Guillaume de Beaufort-Spontin angelegt wurde. Deshalb hat dieser gesamte untere Teil etwas Kontemplatives. Hier wandelt man im Schatten der Linden die Becken mit den Wasser.
Nach dem Tod Guillaume de Beaufort-Spontin im Jahr 1766 erweitert sein jüngerer Bruder Felipe die Gärten im Rokoko-Stil seiner Zeit mit acht kleinen Labyrinthen. Diese Laubengänge winden sich auf sechs Kilometer Länge und zeichnen geometrische Figuren. Früher spielte man hier gern Verstecken oder machte den Damen den Hof. Es war das Zeitalter von Marivaux und seinem Theaterstück Das Spiel von Liebe und Zufall. Daher auch das französische Wort Marie Wodak für getändel. (Annäherungsversuch)
Eleonore, die Tochter des Barons, erinnert uns an die Gepflogenheiten jener Zeit. Die Frauen gingen durch die Quer Alleen und wenn sie nicht umgarnt werden wollten, kamen sie hierher. Auf diese kleine Lichtung, ins Zentrum des Labyrinths.
Genau aus Kostengründen stutzten meine Großeltern nach dem Zweiten Weltkrieg die Gehölze in der Höhe und die Oberkante ist hier also etwa mannshoch. So ist sie leichter zu pflegen.
Ich habe jahrelang erlebt, wie mein Vater die Lauben Gänge beschnitt. Eine sehr mühsame Arbeit ist, aber bei dieser Höhe ist man doch gar nicht mehr ungestört.
Nein. Deshalb wollen wir die Lauben Gänge auch höher wachsen lassen, damit sie wieder ihre stattliche Größe erreichen und wieder diese Stimmung erzeugen. Rätselhaft, geheimnisvoll, ja und dunkler. Genau wie für ein Techtelmechtel gemacht.
Das Erstaunliche ist, dass man hier auch die kleinen Achsen sieht. Manchmal leiten sie einen in die Irre. Manchmal geben sie uns aber auch Ausblicke auf entferntere Bereiche des Gartens.
Ja, sie lenken unseren Blick auf Details des Gartens. Zum Beispiel hier die Statue von Sefflé. Aber bei den anderen Lauben können es andere Details sein.
Hier eine Bank, dort ein Stück vom Schloss, der Orangen Garten oder sogar ein Blick auf die Felsen. Das ist ein komisches Motiv, diese Hüfthöhe Hecke zwischen zwei Labyrinthen mit Linden dazwischen. Wozu diente das?
Ach, kommen Sie, ich zeige es Ihnen. Sie gehen links, ich rechts. Sie merken, der Weg hat ein Gefälle. Die Damen gingen die Allee auf meiner Seite entlang und lüftete ihren Rock, damit er nicht nass wurde. Dabei sah man ihre Fesseln, was sehr unschicklich war. Die Herren gingen auf ihrer Seite, ohne die Fesseln der Damen zu sehen.
Stimmt. Wenn ich mich hier hinstelle, sehe ich selbst wenn ich näher kommen, nicht ihre Fesseln.
Dieser abschüssige Teil des Gartens entstammt dem letzten Bauabschnitt im 18. Jahrhundert. Hier wurde von den bewaldeten Hängen und dem Fredericks Saal aus eine besondere Achse geschaffen. Sie lenkt den Blick auf die enge Form des Tals zum Fluss hin und bis zum Gipfel des Felsens. Laut Axel Bonnard wurde hier nichts dem Zufall überlassen. Die Hänge wurden perfekt geplant. Man kommt ihm näher. Es sind noch zehn Meter bis zum Becken, aber wir sehen es immer noch nicht. Und dann taucht es plötzlich auf.
Was ich absolut großartig finde und was für mich zu den verrücktesten Dingen in diesem wunderbaren Garten gehört, ist diese Achse hier mit einer Art Becken Abfolge von jeweils das erste direkt vor uns ist das größte. Es folgt das runde Becken im Renaissance Stil und dann erreichen wir die Maas. Ist diese Achse eine Art Markenzeichen des Gartens? Für mich ist es die schönste und originellste, etwas, was man sonst nicht sieht. Die Motive des Unteren Gartens sind da schon viel geläufiger.
Richtig, einem Zisterzienser Mönch gefällt eher der untere Teil des Gartens, einem Rationalisten eher dieser.
Wieso?
Der untere Teil des Gartens spiegelt den Charakter seines Schöpfers wider. Er war der älteste Sohn der Familie, verzichtete aber auf das ältesten Recht und wurde Domherr der Kathedrale von Namur. Dieses Garten Parterre hat etwas Kontemplatives, das hier nicht.
Dies stammt von einem Philosophie Liebhaber, dem jüngeren Bruder Philipp, einem Freimaurer, und ist rationalistisch gestaltet. Je nach Temperament gefällt einem entweder diese oder der untere Teil.
Ab dem 18. Jahrhundert wird der Park von Freya mehrfach umgestaltet, teils aus finanziellen, teils aus ästhetischen Gründen. Diese janusköpfige Statuen kommen erst später dazu. Doch die größte Veränderung ereignet sich in den 1860er Jahren. Ab sofort trennen Eisenbahnschienen den Fredericks Saal vom Rest des Gartens unwiderruflich ab. Diese Trasse, die im Zweiten Weltkrieg zum Transport deutscher Munition dient, wird nach dem Krieg stillgelegt.
Damals gab es eine Abfolge niedriger Stufen, die zu den Becken hinunterführten und über die gesamte Breite des Fredericks reichten. Das hatte etwas Majestätisches, das ist verloren.
Jetzt muss man mit der Veränderung leben.
Wir müssen uns etwas anderes überlegen und versuchen, an den früheren Garten anzuknüpfen. Denn letztlich hat die Trasse den Entwurf des Gartens zunichte gemacht. Es gab hier einen sogenannten Henkel, der völlig durchtrennt wurde. Deshalb haben wir uns überlegt, seine Arme quasi zu verlängern.
Das heißt also, den Halbkreis, der hier beginnt, führen wir in Form einer Fußgängerbrücke zurück. Diese Brücke werden wir vermutlich begrünen. So wirkt es wie ein Garten, der Zukunft.
Je nachdem, was mit der Trasse geschieht, könnte man die Böschung auch abtragen und ein sanfter Rest Gefälle gestalten. Wir müssen versuchen, diese Schneise etwas Positives abzugewinnen, um zu zeigen, dass dies ein Garten mit einem Vorleben ist, der zwar Narben und Spuren des Alters trägt, aber immer noch zeitgemäß ist.
Neue Umbau und Restaurierung Projekte sind in vollem Gange. Für Eleonore die Gelegenheit, dieses Erbe weiterzuführen. Das muss ein toller Spielplatz gewesen sein.
Ja, aber es ist auch ein Arbeitsplatz. Ich habe hier viel mit meinem Vater gearbeitet. Er beschnitt die Lauben, Gänge und ich folgte ihm in einigen Metern Abstand.
Mussten Sie helfen?
Ja, sicher. Vor allem im Juli und August, den Monaten, in denen die Lauben beschnitten wurden.
Das war weniger lustig. Außerdem sollte ich Handschuhe tragen, damit ich beim Aufsammeln der Blätter nicht von Viechern gebissen wurde.
Ihr Vater war also Eigentümer und Gärtner, oder?
Genau während der Woche sah ich ihn nie. Er ging ins Büro und ich wusste nicht, was er dort tat. Aber am Wochenende sah ich ihn im Garten arbeiten. Als ich in der Grundschule gefragt wurde, was mein Vater von Beruf wäre, sagte ich Gärtner.
Werden Sie Ihr Erbe antreten?
Ja. Zusammen mit meinen Geschwistern und Cousins
Fühlen Sie sich bereit?
Ja, wenn man mit so viel Schönheit aufgewachsen ist, hat man eine Verantwortung. Ich habe einmal den Satz gehört Die Schönheit wird die Welt retten. Daran glaube ich fest.