Villa d’Este

Die Villa d’Este in Tivoli bei Rom, gehört zu den bedeutendsten Beispielen für ein Meisterwerk der italienischen Renaissance. Bis heute dient sie als Vorbild für zahlreiche Parkanlagen in ganz Europa. Nach seinem Scheitern beim Konklave von 1550 als Kandidat für die Papstwahl wird der ehrgeizige Kardinal Iippolito d’este (Ippolito II. d´Este war der zweite Sohn von Herzog Alfonsos I. von Ferrara, Modena und Reggio und Lucrezia Borgias) Statthalter von Tivoli auf Lebenszeit. In seinem Park demonstriert er seine Allmacht, seinen Reichtum und seine außergewöhnliche Bildung.

Auf spektakuläre Weise wird in der Villa d´Este Tivoli das Wasser in Szene gesetzt. Dies gelingt dank hydraulischer Technik, die allein durch die Schwerkraft funktioniert. An keinem anderen Ort gibt es eine solch beeindruckende Vielfalt an Brunnen, Grotten und Wasserfällen, noch dazu mit so unterschiedlichen allegorischen Dimensionen. Der Garten erforderte gewaltige Bauarbeiten im Zentrum der Stadt sowie im Fels des Bergs, auf dem er angelegt wurde.

Den Ovata Brunnen zum Beispiel entdeckt man dank der Terrassen wie zufällig. Es ist eine schöne Überraschung, die einen am Ende des Weges erwartet, der genau zu diesem Springbrunnen führt, dem Hauptbrunnen, der alles zusammenfasst, was Tivoli repräsentiert, der Wasserfall, die Hügel im Hintergrund, die Statuen. Ein kleines Universum, das mit dieser Szenerie geschaffen wurde und beinahe an ein Amphitheater erinnert, an eine Szene aus einem Theaterstück.

Oberhalb des Tivoli Brunnens und hinter einem Lorbeerblatt Skat erhebt sich der Pegasus Brunnen aus Kalk, Torf Stein. Symbolisch lässt das geflügelte Pferd das Wasser mit einem Huf tritt sprudeln. Während der Bauarbeiten herrscht Kardinal Iippolito d’este über Tivoli. Unter seiner Herrschaft findet die Stadt, die 1547 geplündert wurde, zu Ansehen und Wohlstand zurück.

Um dieses monumentale Projekt zu verstehen, muss man die Persönlichkeit des Iippolito d´Este kennen. Die Villa selbst ist großartig pompös und spektakulär. Schon die Zeitgenossen von Iippolito d´Este verstanden sie als Spiegel seiner Persönlichkeit. Seine Heldenhaftigkeit. Sein Großmut und sein Streben wurden fortwährend zelebriert.

Aber er wird Kardinal und geht als junger Mann an den französischen Hof, wo er die italienische Kultur, die Kultur Ferrara repräsentiert. Am Hof eines europäischen Herrscherhauses, das die italienische Kunst, die italienische Kultur am meisten liebte.

Iippolito d´Este wird ein enger Vertrauter des französischen Königs Franz, des ersten, der ihn mit seiner Begeisterung für Gartenarchitektur und Kunst ansteckt. Als Nachkomme einer der bedeutendsten Dynastien Italiens und dank seiner geistlichen Ämter hat Kardinal Iippolito d´Este bereits ein Vermögen angesammelt. Das ermöglicht ihm, seinen Traum zu verwirklichen.

Weshalb entschied sich Iippolito d´Este für Tivoli?

Eigentlich war es ein wenig attraktiver mittelalterlicher Ort. Jedoch befand sich Tivoli in der Nähe der Überreste der einzigartigen Hadrians Villa, die es noch zu entdecken galt. Kardinal Iippolito d´Este nutzt dieses wertvolle Kleinod und setzt sich für Ausgrabungen und die Bergung antiker Statuen ein, die seine moderne Villa prächtig aussehen lassen sollten.

Der Architekt Ligorio erhält den Auftrag, die Grabungen Arbeiten durchzuführen und die römischen Techniken der Wasserversorgung zu studieren. Die zahlreichen Quellen sowie ein Nebenarm des an jener eines Tiber Flusses ermöglichen es, über 50 Brunnen im Garten anzulegen. Einige Statuen und Säulen, die von den Ruinen der nahegelegenen Hadrians Villa inspiriert sind, schmücken die Promenade. Iippolito d´Este lässt auch mythologische, heidnische und Fantasy Darstellungen anfertigen. Diese Statuen bevölkern den Garten wie Figuren. Jede von ihnen erzählt eine Geschichte.

Dora Katalano ist Kunsthistorikerin und Expertin für die Symboliken und Allegorien des Gartens.

Dieser Brunnen ist ja eine echte Filmkulisse und erinnert am meisten von allen an ein Bühnenbild. Heute wirkt er etwas heruntergekommen, aber man muss sich dieses große Halbrund vorstellen, wie es ursprünglich war, als Rekonstruktion einer Szene aus einem Theaterstück mit allen Denkmälern des alten Rom. In diesem Halbkreis vereint. Die Stadt Rom wurde repräsentiert durch die Darstellung seiner wichtigsten Orte und Symbole, nicht nur die Sieger Statue als Sinnbild von Roms Triumph in der Mitte, sondern auch die kapitulinische Wölfin und in der Grotte versteckt, der Fluss Gott des Tibers.

Diese ganze Symbolik ist ausgesprochen komplex und nicht für jedermann verständlich. Trotzdem waren einige Elemente, deren Bedeutung uns heute unklar erscheint, für das Umfeld der Intellektuellen und Literaten jener Zeit verständlich, die genau wie der Adel und Klerus sehr bewandert waren in der klassischen und antiken Kultur. Diese Leute liebten die Antike sehr und vor allem die Wiederverwendung von Themen der klassischen Antike.

Wir sind hier an einem ganz besonderen Ort. Drei Brunnen stehen miteinander im Dialog. Die Fontana di Roma, die Allee der 100 Brunnen und der Tivoli Brunnen. So entsteht ein besonderes verbindendes Element.

Es ist eine imposante architektonische Achse, eine Quer Achse, ein überaus starkes Element. Denn wir sehen zu unserer Rechten die lange Allee der hundert Brunnen. Sie repräsentiert das Wasser, das Wasser aus dem Tivoli Brunnen, das Wasser aus dem Alljene, aber auch das Wasser aus den Aquädukten Roms. Denn viele Aquädukte brachten aus dieser Gegend Wasser nach Rom. Das Wasser aus dem Tivoli Brunnen erreicht also auf diesem Weg die Fontana di Roma. Diese symbolische Verbindung zwischen Tivoli und Rom repräsentiert zum einen die Verbindung des Wassers mit der Region, zum anderen die Verbindung der Interessen Iippolitos.

Am steilsten Hang der Ville d´Este lässt der Kardinal eine Art Rückgrat anlegen, dass den Garten strukturiert, da er selbst überzeugt ist, von Herkules abzustammen, benennt Ippolit d´Este die Allee nach diesem Halbgott. Der Garten ist Herkules gewidmet. Herkules, der Held der Mythologie, dem es gelang, die goldenen Äpfel aus dem Garten der Hesperiden zu entwenden.

Herkules erlangte Unsterblichkeit, indem er einen Parcours bewältigte, der steil bergauf ging. Auch wir gehen hier steil bergauf. Der Weg veranschaulicht sozusagen die Mühen, die Anstrengungen des Helden, die Prüfungen zu bestehen. Der Weg endet in der Villa, wo der Held am göttlichen Bankett teilnehmen darf und aufgenommen in die Reihen der Götter des Olymp. Schließlich Unsterblichkeit erlangt.

Die Besucher, die Gäste, die hierherkamen, mussten jedes Mal diesen anstrengenden Weg zurücklegen, um hier oben anzukommen, um die Residenz des Kardinals zu erreichen. Auf dem Weg boten sich ihnen ständig neue Blickwinkel, architektonische Szenerien, unterschiedliche Brunnen, Brunnen, die eine Geschichte erzählten. Es gab Spiele, Scherze, Wasserorgeln, lauter Finessen, die dazu dienen sollten, den Aufstieg weniger anstrengend zu gestalten. Der Blumenduft änderte sich je nach Jahreszeit. Es war ein Fest der Sinne. Und bis heute kann man es zum Teil noch in diesem Garten erleben.

Dieser Garten ist definitiv ein magischer Garten und zwar so, wie er im 16. Jahrhundert geplant wurde, als ein Garten, der denjenigen, der ihn durchquert, immer wieder überraschen soll. Eine eigene kleine Welt, in der jeder Teil eine andere Empfindung hervorruft. Eine Welt, in der Kunst und Natur im ständigen Dialog stehen, zwar im Einklang miteinander, aber oft auf zweideutige Weise. Eine Welt, in der wir das Rauschen des Wassers bestaunen. Die Formen der Brunnen. Eine Welt, die uns in eine fantastische Dimension zurückführt. Eben in einen magischen Garten.

Nach Ippolitos Tod wohnen andere Kardinäle, Adlige und europäische Botschafter in der Villa d´Este. Ab dem 18. Jahrhundert steht sie schließlich für lange Zeit leer. Wider Erwarten verleihen der morbide Charme und die wuchernden Pflanzen dem Park eine Romantik, die viele Künstler für sich entdecken. Fragonach lässt sich davon inspirieren und Liszt komponiert hier seine Wasserspiele der Villa d´Este. 1920 fällt der Garten zurück an den italienischen Staat, der ihn restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich macht. Darunter Maria Teresas Großmutter.

Heute kümmern sich Gärtner um die Villa d´Este und bewahren ihren romantischen Charakter aus dem 18. Jahrhundert. Das Zurückschneiden der Hecken und Kletterrosen sowie das Auslichten der Bäume bilden den Schwerpunkt ihrer Arbeit.

Der Schutz der Artenvielfalt ist ein Dilemma für die Gärtner, die den Schutz eines Insekts, in diesem Fall des Eichenbocks mit dem Erhalt jahrhundertealter Bäume, die dem Garten seine Struktur geben, in Einklang bringen müssen. Der traditionsreiche Garten der Villa d´Este sieht sich also unweigerlich mit den Problemen des 21. Jahrhunderts konfrontiert.

Wie verwaltet man ein lebendes Denkmal wie den Garten der Villa, der schon über 400 Jahre alt ist?

Es ist eine tägliche Herausforderung. Da gibt es zum Beispiel die Schwierigkeit, dass das Wasser für die Brunnen, dass ja aus dem Fluss kommt, erst geklärt werden muss. Dann hat man es hier mit etwas Lebendigem zu tun, mit Vegetation, die sich vor unseren Augen ständig verändert. Für sie gelten die gleichen Normen wie für eine Restaurierung. Jedoch müssen wir uns dabei ständig ihrem Wandel anpassen. Natürlich bringt die Arbeit auch eine große Befriedigung. Seit 2001 gehört die Villa zum UNESCO-Weltkulturerbe. Seit ihrer Erbauung hat sie nie an Berühmtheit eingebüßt. Außerdem ist es ein Privileg, sich an einem solchen Ort aufhalten zu dürfen, einer eigens erschaffenen Welt.

zurück

weiter